Prof. Dr. Gerrit Frotscher
03.18
Ein Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz mit dem Buchwert ist nicht zulässig, soweit das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der übertragenen Wirtschaftsgüter bei den Gesellschaftern der übernehmenden Personengesellschaft oder bei der übernehmenden natürlichen Person ausgeschlossen oder beschränkt wird (sog. Entstrickung). Die Voraussetzungen des § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 UmwStG sind bei den Gesellschaftern der übernehmenden Personengesellschaft bzw. bei der übernehmenden natürlichen Person subjekt- und objektbezogen zu prüfen und entsprechen insoweit den gleichlautenden Entstrickungstatbeständen in § 4 Absatz 1 Satz 3 EStG und § 12 Absatz 1 KStG. Danach liegt ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist (vgl. § 4 Absatz 1 Satz 4 EStG und § 12 Absatz 1 Satz 2 KStG).
Allein der Ausschluss oder die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts für Zwecke der Gewerbesteuer stellt keine Beschränkung i. S. d. § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 UmwStG dar.
Zu Randnr. 03.18
Die übergehenden Wirtschaftsgüter sind mit dem gemeinen Wert zu bewerten, soweit sie bei den Gesellschaftern der übernehmenden Personengesellschaft oder der übernehmenden natürlichen Person infolge der Umwandlung entstrickt werden. Die Entstrickung kann eintreten, weil der Gesellschafter bzw. die natürliche Person nicht der deutschen Besteuerung unterliegt oder weil das übergehende Wirtschaftsgut der deutschen Besteuerung entzogen wird. Eine Entstrickung liegt insbesondere vor, wenn das übergehende Wirtschaftsgut infolge der Vermögensübertragung einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist, also in den Fällen des § 4 Abs. 1 S. 3, 4 EStG bzw. § 12 Abs. 1 KStG. Dann ist das deutsche Besteuerungsrecht entweder ausgeschlossen, weil Deutschland die Betriebsstättengewinne nach dem einschlägigen DBA freizustellen hat, oder es wird beschränkt, weil es sich um eine Anrechnungsbetriebsstätte handelt, bei der die ausländische Steuer auf die deutsche Steuer anzurechnen ist. Es kommt auch hier auf den Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer an. Der Ausschluss oder die Beschränkung der Besteuerung mit deutscher Gewerbesteuer führt nicht zur Versagung der Buchwertfortführung.
Die Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven führen in diesen Fällen regelmäßig zu einer Doppelbelastung, da auch der ausländische Staat, der das Besteuerungsrecht infolge der Umwandlung erwirbt, einen späteren Veräußerungsgewinn besteuern wird (zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in EU-Fällen Randnr. 03.31).
03.19
Ein Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts setzt voraus, dass ein – ggf. auch eingeschränktes – deutsches Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des übertragenen Wirtschaftsguts bestanden hat und dies in vollem Umfang entfällt.
Die XY-GmbH soll in die XY-KG durch Formwechsel umgewandelt werden. Anteilseigner und Mitunternehmer sind A und B zu je 50 %. Die XY-GmbH hat u. a. eine Betriebsstätte in einem ausländischen Staat, mit dem kein DBA besteht. A und B haben ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland.
Lösung:
Aufgrund des Formwechsels der XY-GmbH in die XY-KG wird das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der ausländischen Betriebsstätte zuzurechnenden Wirtschaftsgüter zum steuerlichen Übertragungsstichtag ausgeschlossen, da die beiden Mitunternehmer mit den ausländischen Betriebsstätteneinkünften nicht der beschränkten Einkommen- oder Körperschaftsteuerpflicht i. S. d. § 49 EStG unterliegen.
Zur Aufstellung einer Ergänzungsbilanz bei der übernehmenden Personengesellschaft vgl. Randnr. 04.24.
Sofern jedoch vor der Umwandlung z. B. ein uneingeschränktes Besteuerungsrecht bestand und nach der Umwandlung ein der Höhe oder dem Umfang nach begrenztes deutsches Besteuerungsrecht fortbesteht, ist eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts gegeben.
Zu Randnr. 03.19
Schließlich ist die Buchwertfortführung nur ausgeschlossen, wenn vor der Umwandlung ein deutsches Besteuerungsrecht an dem Wirtschaftsgut bestanden hat. Ist dies nicht der Fall, kann kein deutsches Besteuerungsrecht "ausgeschlossen oder beschränkt" werden. Hat vor der Umwandlung nur ein beschränktes deutsches Besteuerungsrecht bestanden, war also ausländische Steuer anzurechnen, tritt keine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts ein, wenn auch nach der Umwandlung ausländische Steuer anzurechnen ist. Auf die Höhe der jeweils anzurechnenden ausländischen Steuer kommt es nicht an.
Das deutsche Besteuerungsrecht wird nicht beschränkt, wenn vor...