Bedeutung der bAV wächst

Die notwendigen Anpassungen an Zinssenkung und Krisen sind gemeistert, nun entfaltet die bAV wieder ihre Kraft zur Mitarbeiterbindung. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen Studie "Betriebliche Altersversorgung 2024" von Lurse. In der Spezialstudie wurden ausschließlich offene Versorgungspläne von insgesamt 61 großen und mittelständischen Unternehmen aus allen für Deutschland wichtigen Branchen untersucht. Dabei zeigt sich: Eine attraktive betriebliche Altersversorgung (bAV) gilt als entscheidender Faktor, wenn es darum geht, die besten Köpfe anzuwerben und zu halten.
Und das wird auch so bleiben: 85 Prozent der Befragten schätzen die Bedeutung der bAV zur Fachkräftegewinnung und -bindung in Zukunft als hoch, zwei Drittel davon sogar als sehr hoch ein. Die Betriebsrente wird vorwiegend als Zusatzleistung im Rahmen eines Gesamtvergütungspakets gesehen.
Beitragsorientierte Leistungszusage dominiert in der bAV
Der Trend zur beitragsorientierten Leistungszusage (BOLZ) setzt sich weiter fort: Nahezu alle Studienteilnehmenden (98 Prozent) gestalten mindestens einen ihrer offenen Pläne als BOLZ aus. Bei den arbeitgeberfinanzierten sind es 93 Prozent, bei den Matching-Plänen sogar 100 Prozent. Die Verbreitung der Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML) geht bei den Unternehmen dagegen rapide zurück – von 34 Prozent im Jahr 2018 über 27 Prozent im Jahr 2021 auf heute nur noch zehn Prozent. Die wesentlichen Gründe dafür sind die größere Flexibilität in der Kapitalanlage und die damit verbundenen höheren Ertragschancen bei der BOLZ. "Aufgrund der hohen Flexibilität der BOLZ, insbesondere bei Garantien und Renditechancen, bleibt sie auch in Zukunft unverzichtbar", sagt Miroslaw Staniek, Managing Partner bei Lurse.
Nur jeder Zweite traut Kapitalkontenplänen
Hinsichtlich eines gewissen Risikos bei der Kapitalanlage über Kapitalkontenpläne zeigen sich die Beschäftigten noch zögerlich: Die in der Studie betrachteten Zusagearten nutzen jeweils etwa zur Hälfte Baustein- und Kapitalkontenpläne. Bausteinpläne sehen überwiegend einen Garantiezins vor, und ihre Gesamtverzinsung liegt bei durchschnittlich 2,8 Prozent. Kapitalkontenpläne sind dagegen renditestärker. Im Vergleich zur vorherigen bAV-Studie von Lurse aus dem Jahr 2021 ist die Renditeerwartung bei ihnen von 3,4 Prozent auf 4,0 Prozent deutlich gestiegen.
"Der Renditesprung von 0,6 Prozentpunkten ist unter anderem auf das wieder normalisierte Zinsniveau und damit auf die höheren Ertragschancen bei den festverzinslichen Wertpapieren zurückzuführen", sagt Miroslaw Staniek. Sieben von zehn Kapitalkontenplänen – das sind 13 Prozentpunkte mehr als noch 2021 – sehen inzwischen keine Mindestverzinsung mehr vor. "Bei einer Mindestverzinsung von null Prozent orientiert sich die Entwicklung der eingebrachten Beiträge ausschließlich an den Wertpapierrenditen beziehungsweise an einem Index", erklärt Staniek. "Das eröffnet Mitarbeitenden eine größere Chance, von den positiven Entwicklungen der Kapitalmärkte zu profitieren und damit auf höhere Leistungen."
Wahlrechte in der bAV bieten Flexibilität und Individualität
Wahlrechte bezüglich der Leistungs- und Auszahlungsform erhöhen die Attraktivität der bAV für die Beschäftigten, da sie ihre Versorgung damit besser an ihre individuellen Bedürfnisse anpassen können. Grundsätzlich lässt sich feststellen: Bei Regelungen, die eine Eigenbeteiligung der Mitarbeitenden erfordern, also bei arbeitnehmerfinanzierten und bei Matching-Plänen, sind Wahlrechte besonders weit verbreitet. Von den bAV-Systemen der befragten Unternehmen, ob arbeitgeber- oder arbeitnehmerfinanziert, bieten 40 bis 60 Prozent optional zusätzliche Leistungen wie Hinterbliebenen- und Invalidenrenten an. Auch bei der Leistungsauszahlung für die Alterssicherung besteht bei 46 bis 67 Prozent der Pläne ein Wahlrecht zwischen lebenslanger Rente, einmaliger Kapitalzahlung oder Ratenzahlung.
Bei den Auszahlungsformen ist über alle Finanzierungsquellen hinweg im Vergleich zu 2021 eine leicht stärkere Verbreitung von Kapitalleistungen festzustellen. Die Hälfte dieser Regelungen sieht keine Raten-, sondern nur einmalige Kapitalauszahlungen vor.
Anpassung der Altersbezüge vorwiegend pauschal
Unternehmen sind verpflichtet, Rentenleistungen alle drei Jahre zu prüfen und gegebenenfalls zu erhöhen, um den inflationsbedingten Kaufkraftverlust auszugleichen. Diese gesetzliche Regelung entfällt zum einen, wenn sich Arbeitgeber verpflichten, die Leistungen jährlich, um mindestens ein Prozent anzuheben. Zum anderen, wenn bei versicherungsförmigen Durchführungswegen die Überschussbeteiligung gutgeschrieben wird, was bei 33 Prozent der Unternehmen Praxis ist. Die Lurse-Studie zeigt, dass mehr als 70 Prozent der Versorgungssysteme die Leistungen um mindestens ein Prozent jährlich erhöhen, was auf den hohen Anteil der Direktzusagen zurückzuführen ist. Pläne mit Direktzusagen oder Unterstützungskasse nutzen zur Hälfte die sogenannte Fixanpassung von einem Prozent pro Jahr. Weitere 38 Prozent der Pläne sehen eine Überschussbeteiligung vor, jedoch ein Plus von mindestens einem Prozent jährlich. "Nur noch ein Prozent der Studienteilnehmenden passt die Betriebsrenten bei für den Neuzugang offenen Plänen alle drei Jahre gemäß der Entwicklung der Verbraucherpreise beziehungsweise der Nettolöhne an", erläutert Miroslaw Staniek. "Das liegt insbesondere an der schlechten Kalkulierbarkeit in Verbindung mit bilanziellen Schwankungen je nach Inflation und Inflationserwartung. Moderne Versorgungspläne sehen vorwiegend die pauschale Anpassung von einem Prozent pro Jahr vor."
Regelmäßige Überprüfung der Versorgungssysteme in Audits
80 Prozent der Studienteilnehmenden überprüfen ihre Versorgungssysteme in regelmäßigen Intervallen zwischen einem und fünf Jahren. Ziel solcher Audits ist es, die Risiken, Kosten und Attraktivität der Systeme im Blick zu behalten. In den vergangenen drei bis fünf Jahren haben 56 Prozent der Unternehmen ihre Versorgungssysteme wesentlich modifiziert. Davon wiederum haben 63 Prozent die Garantie- und Mindestverzinsung gesenkt, während 61 Prozent ihre bAV stärker am Kapitalmarkt orientiert haben. Zudem wurden Administration und Kommunikation verbessert. Es kam aber auch zu Erhöhungen der Arbeitgeberbeiträge.
Mehr Effizienz und Kostenreduktion in der bAV
Knapp 30 Prozent der befragten Unternehmen planen in den kommenden zwölf Monaten Änderungen an ihren bestehenden bAV-Modellen. Dabei konzentrieren sie sich hauptsächlich auf zwei Maßnahmen: auf die Vereinfachung der Administration (56 Prozent) und auf die Harmonisierung der Versorgungslandschaften (38 Prozent). Von beidem erwarten sie mehr Effizienz in der Verwaltung und eine Kostenreduzierung. Zudem macht eine Harmonisierung die bAV-Leistungen sowohl für Beschäftigte als auch für die Arbeitgeber transparenter und besser vergleichbar.
Mitarbeiterportale erleichtern die bAV-Kommunikation
Aus der Lurse-Studie geht deutlich hervor, dass die Zukunft der bAV-Kommunikation Online-Portalen gehört. Insgesamt 73 Prozent der Befragten messen diesem Kommunikationskanal in Zukunft eine wichtige Rolle in ihren Unternehmen bei, während Intranet, E-Mails, Leistungsausweise und andere erheblich an Bedeutung verlieren werden. Der wesentliche Grund dafür ist die Interaktivität der Online-Portale. Sie ermöglichen es ihren Nutzern nicht nur, sich einfach und umfassend über ihre bAV-Zusagen zu informieren, sondern eröffnen ihnen auch Wege, Leistungen selbst zu berechnen, Zuschüsse und Zusagen des Arbeitgebers abzufragen, Kontoinformationen einzusehen sowie bestehende Verträge zu ändern oder neue abzuschließen. Darüber hinaus können sie ihren gesamten Schriftverkehr über ein Online-Portal abwickeln und alle Dokumente dort hinterlegen. "Online-Portale bieten Transparenz, umfassende Informationen und Interaktionen an einem Ort", sagt Miroslaw Staniek. "Damit entlasten sie Arbeitgeber und Beschäftigte gleichermaßen."
In knapp zwei Drittel der Unternehmen wird die bAV-Administration mittlerweile durch eine digitale Plattform unterstützt. Bei einem Viertel (24 Prozent) erfolgt die Administration bereits komplett digital über Arbeitgeber- und Mitarbeiterportale, während ein Siebtel (14 Prozent) der Unternehmen die Einführung einer digitalen Plattform plant.
Externe Dienstleister entlasten Personalabteilung
Nahezu 80 Prozent der Studienteilnehmenden setzen in der Administration ihrer bAV vollständig (24 Prozent) oder zum Teil (55 Prozent) auf externe Dienstleister. Von denen, die ihre bAV-Verwaltung vollständig oder teilweise ausgelagert haben, nutzen über zwei Drittel (69 Prozent) nur einen einzigen Dienstleister. Als Gründe für das Outsourcing nennen die Studienteilnehmenden vor allem den Wunsch, ihren Personalbereich zu entlasten und sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren sowie den in den letzten Jahren deutlich gestiegenen Verwaltungsaufwand. Bei der Auswahl der Dienstleister spielen in erster Linie die Einhaltung gesetzlicher Anforderungen und der verschlüsselte Datenaustausch eine Rolle. Auch dadurch werden digitale Verwaltungsplattformen und Portale immer wichtiger.
Personalmagazin 5/2025 widmet sich dem Fokusthema bAV. Als Abonnent haben Sie Zugang zu allen Artikeln dieser Ausgabe in unserem Digitalmagazin als Desktop-Applikation oder in der Personalmagazin-App.
Das könnte Sie auch interessieren:
Wo die bAV hinter eigenen Ansprüchen zurückbleibt
Studie: Attraktive bAV gleich attraktiver Arbeitgeber
-
Workation und Homeoffice im Ausland: Was Arbeitgeber beachten müssen
1.473
-
Ablauf und Struktur des betrieblichen Eingliederungsmanagements
763
-
Essenszuschuss als steuerfreier Benefit
747
-
BEM ist Pflicht des Arbeitgebers
620
-
Probezeitgespräche als Feedbackquelle für den Onboarding-Prozess
527
-
In diesen Jobs verdienen Azubis am meisten
500
-
Vorlage: Leitfaden für das Mitarbeitergespräch
456
-
Pflicht zur psychischen Gefährdungsbeurteilung
323
-
Das sind die 25 größten Anbieter für HR-Software
322
-
Krankschreibung per Telefon nun dauerhaft möglich
322
-
Arbeitskosten in Deutschland über dem EU-Schnitt
14.05.2025
-
SAP streicht Frauenquote
13.05.2025
-
Wie Zeitautonomie auch für Deskless Worker funktioniert
13.05.2025
-
High Performance fördern und aufrechterhalten
09.05.2025
-
Arbeitgeber sehen Beschäftigung Geflüchteter als Chance
08.05.2025
-
Haftungsrisiko bAV: Arbeitgeber zahlen für Rentenlücken. Jetzt handeln
08.05.2025
-
Tipp der Woche: Rahmenbedingungen mobiler Arbeit prüfen
08.05.2025
-
Renaissance der autoritären Führung?
06.05.2025
-
Warum Befehlsempfänger auch dem Militär nicht helfen
30.04.2025
-
Wie KI den Berufseinstieg erschwert
29.04.2025