Zur Schadenshöhe bei unberechtigten Downloads

In dem zu entscheidenden Fall hatte die betroffene Userin an einer Internettauschbörse für Musik im so genannten „Filesharing-Verfahren“ teilgenommen. Anders als beim „Streaming“ werden die über das Filesharing heruntergeladenen Musikstücke über den Rechner des Users für eine unbestimmte Zahl von weiteren Usern zum kostenlosen Download zur Verfügung gestellt. Die hierdurch eintretende Vervielfältigung bedeutet eine erhebliche Verletzung des Urheberrechts und führt zu immensen Einnahmeausfällen nicht nur in der Musikbranche. Bei der betroffenen Userin ging es um den Download eines in die Tauschbörse eingestellten Musiktitels aus den aktuellen Charts. Die Userin wurde von der Klägerin deshalb abgemahnt.
LG zieht enge Grenzen für die Ersatzpflichten der Userin
Die Klägerin forderte den Ersatz des „fiktiven Lizenzschadens“ sowie Ersatz der Abmahnkosten (Anwaltsgebühren). Da die Userin nicht freiwillig zahlte, wurde sie von der Klägerin gerichtlich in Anspruch genommen. Erstinstanzlich verurteilte das LG die Userin auf Ersatz eines Lizenzschadens in Höhe von 150 €. Die Ersatzpflicht für die Abmahnkosten begrenzte das LG auf 100 €. Zur Begründung verwies das LG darauf, dass es sich um einen einfachen Sachverhalt handelte. In einem solchen Fall seien nach § 97a Abs. 2 UrhG die Abmahnkosten auf 100 € begrenzt.
Schadensermittlung im Wege der Lizenzanalogie
Das OLG kam in 2. Instanz zu einem etwas anderen Ergebnis und machte grundsätzliche Ausführungen zur Ermittlung der Schadenshöhe in solchen Fällen. Zunächst ermittelte der Senat im Wege der „Lizenzanalogie“ gemäß § 97 Abs. 2 UrhG den Betrag, den die Betroffene hätte zahlen müssen, wenn sie offiziell vom Lizenzinhaber zum Download des Titels berechtigt worden wäre. Insoweit sei ein Betrag von 200 € üblich und angemessen. Kontrolliere man diesen Betrag anhand der in solchen Fällen an die GEMA zu zahlenden Gebühren, so werde die Angemessenheit dieses Ergebnisses bestätigt.
200 € = Durchschnittsschaden
Darüber hinaus bewertete das Gericht die bisher in der Rechtsprechung in solchen Fällen für angemessen erachteten Schadensbeträge. Auch hiernach stellt nach Auffassung des Senats der Einsatzbetrag von 200 € einen angemessenen Mittelwert dar. Insgesamt sei daher zu konstatieren, dass in Ermangelung besonderer Umstände, die eine Abweichung vom Regelfall nahe legten, der Schadenswert in Fällen eines zu Unrecht downgeloadeten Musikstücks mit 200 € zu bemessen sei.
Keine Gebührendeckelung in Filesharing-Fällen
Hinsichtlich der Deckelung der in Rechnung gestellten Abmahnkosten legte der Senat § 97 a Abs. 2 UrhG anders aus als das LG. Der Senat verwies darauf, dass die Deckelung des Vergütungsanspruchs nach dieser Vorschrift voraussetze, dass es sich
- um einen einfach gelagerten Fall handelte,
- die Rechtsverletzung unerheblich sei und
- außerhalb des geschäftlichen Verkehrs erfolge.
Nach Auffassung des Senats fehlt es vorliegend an der Unerheblichkeit der Rechtsverletzung. Die durch einen unberechtigten Download im Filesharingverfahren geschaffenen erheblichen Vervielfältigungsmöglichkeiten für andere User führe im Hinblick auf das hieraus erwachsende immense Schadenspotenzial dazu, dass eine solche Rechtsverletzung nicht als unerheblich eingestuft werden. Der die Klägerin vertretende Anwalt könne daher für die Abmahnung die volle, nicht gedeckelte Gebühr in Rechnung stellen.
(OLG Frankfurt, Urteil v. 15.07.2014, 11 U 115/13)
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