Die Entscheidung betrifft zwei für den Einwand der (teilweisen) Leistungsunfähigkeit bei gesteigerter Unterhaltspflicht gemäß § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB höchst praxisrelevante Fragen.
1. Zum einen geht es um die Zurechnung fiktiver Nebeneinkünfte des Unterhaltsverpflichteten bei Untersagung einer Nebentätigkeit durch den Arbeitgeber. Der BGH verneint mit knapper, auf die Einzelfallumstände abstellender Begründung eine Obliegenheit zur Erwirkung einer Nebentätigkeitserlaubnis im Wege einer arbeitsgerichtlichen Klage. Eine solche sei der aus der Ukraine stammenden Unterhaltspflichtigen als Berufsanfängerin mit Sprachschwierigkeiten nicht zumutbar.
a) Arbeitsrechtlich ist die Problematik folgendermaßen einzuordnen: Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer zur Ausübung einer Nebentätigkeit außerhalb der Arbeitszeit berechtigt. Grenze der Zulässigkeit ist die Kollision mit der Arbeitspflicht. Vor allem darf die Nebentätigkeit die vereinbarte Arbeitsleistung nicht beeinträchtigen. Die Ausübung einer Nebentätigkeit, die zu Minderleistungen führt, verletzt die Arbeitspflicht, kann also eine Abmahnung, eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung und unter besonderen Umständen eine außerordentliche Kündigung nach sich ziehen. Im Fall eines – grundsätzlich wirksamen – arbeitsvertraglichen oder tariflichen Erlaubnisvorbehalts ("Eine Nebenbeschäftigung bedarf der Zustimmung des Arbeitgebers") hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung, wenn die Nebentätigkeit keine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers erwarten lässt. Die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung ohne Einholung einer vorgeschriebenen Zustimmung des Arbeitgebers kann pflichtwidrig sein und in der ersten Sanktionsstufe eine arbeitgeberseitige Abmahnung rechtfertigen, wenn kein Anspruch auf Nebentätigkeitserlaubnis besteht. Ein generelles arbeitsvertragliches oder tarifliches Nebentätigkeitsverbot ist regelmäßig unwirksam, so dass es bei dem allgemeinen Maßstab verbleibt (Zulässigkeit der Nebentätigkeit bis zur Grenze der Beeinträchtigung der Arbeitsleistung).
b) Dieser arbeitsrechtliche Bezugsrahmen muss mitbedacht werden, um die Obliegenheiten des Unterhaltspflichtigen bei arbeitgeberseitiger Untersagung einer im Ausgangspunkt nach dem strengen Maßstab des § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB gebotenen Nebentätigkeit sachgerecht zu bestimmen. Die hierzu formulierten Positionen sind vielgestaltig. Nach einer strengen Auffassung kann eine Obliegenheit zur Ergreifung arbeitsrechtlicher Maßnahmen zur Durchsetzung einer Zustimmung des Arbeitsgebers zur Nebentätigkeit bestehen und allein der arbeitsrechtliche Erlaubnisanspruch die Zurechnung fiktiver Nebeneinkünfte rechtfertigen. Andere Stimmen erachten ein arbeitsgerichtliches Vorgehen gegen den Arbeitgeber als unzumutbar. Eine weniger dezidierte Position verlangt vom Unterhaltspflichtigen, zumindest an den Arbeitgeber mit der Bitte um Gestattung einer Nebentätigkeit heranzutreten.
c) Die insoweit knappe Begründung des BGH legt es nahe, dass eine unterhaltsrechtliche Obliegenheit zur arbeitsgerichtlichen Erstreitung einer Nebentätigkeitserlaubnis nicht ohne weiteres anzunehmen, aber auch nicht rundweg ausgeschlossen ist. Zur gebotenen bestmöglichen Ausschöpfung des Erwerbspotenzials sollte es gehören, von der auch Nebentätigkeiten schützenden Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG umfassend Gebrauch zu machen und dieses Recht gegenüber dem Arbeitgeber aktiv einzufordern. Allerdings darf dies nicht zu einer Belastung des Arbeitsverhältnisses führen. Auch die spannungsfreie und kooperative Gestaltung des Arbeitsverhältnisses wird von der Berufsausübungsfreiheit gewährleistet. Daher muss der Unterhaltspflichtige m.E. gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Nebentätigkeitserlaubnis geltend machen und mögliche Einwände wegen entgegenstehender betrieblicher Interessen oder befürchteter Minderleistungen zu entkräften suchen. Dagegen ist eine Obliegenheit zur Erhebung einer arbeitsgerichtlichen Klage gegen den Arbeitgeber generell abzulehnen. Es würde das Arbeitsverhältnis unzumutbar belasten, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Gegner eines Arbeitsgerichtsprozesses aufeinandertreffen.
d) Aus all dem ergeben sich konkrete Anforderungen an den Vortrag des Unterhaltspflichtigen, der sich auf die arbeitgeberseitige Untersagung einer Nebentätigkeit beruft. Zunächst ist die Untersagung (etwa in Gestalt der Ablehnung einer erbetenen Nebentätigkeitserlaubnis) zu belegen durch Übermittlung einer entsprechenden schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers. Darüber hinaus ist darzulegen, welche Bemühungen der Unterhaltsverpflichtete unternommen hat, den Arbeitgeber zur Zustimmung zu bewegen, und inwieweit er etwaige Einwände und Bedenken des Arbeitsgebers zu entkräften versucht hat. Schließlich sind ggf. besondere Umstände vorzutragen, die eine weitergehende Einforderung von Rechten gegenüber dem Arbeitgeber unzumutbar machen (z.B. Probezeit, Sprachschwierigkeiten, Belastung des ...