"Performance Management steht ganz oben auf der Agenda von HR"


Marktgespräch HR Software mit Hendrik Antz von Perview Systems

Zum Jahresbeginn 2025 wechselte der HR-Softwareanbieter Perview Systems den Besitzer und wurde Teil der Infoniqa-Unternehmensgruppe, hinter der der Private-Equity-Fond Warburg Pincus steht. Im Marktgespräch HR Tech spricht der Geschäftsführer Hendrik Antz über seine neue Rolle und die Herausforderungen des Performance Managements.

Die Farben verschwommen, das Bild verpixelt, der Ton hakt. Deutschlands Mobilfunknetz zeigt sich von seiner besten Seite. Doch dann klart das Bild auf und zeigt Hendrik Antz, Geschäftsführer des HR-Softwareanbieters Perview Systems, in seinem Auto, der Hintergrund sieht nach Parkplatz aus. Er habe gerade das Portemonnaie eines Mitarbeiters in einem Hotel abgeholt, das dieser dort vergessen hat, erzählt Antz. Die ungeplante Exkursion hat mehr Zeit gekostet als erwartet, deshalb muss die Videokonferenz nun aus dem Auto heraus stattfinden.

Pragmatisch, nahbar, familiär

Der Chef als Kurier. Dieses Bild sagt viel über die Art und Weise aus, wie Antz das Software-Unternehmen führt, das sein Vater Holger im Jahr 2003 als Beratung für Performance Management gründete: pragmatisch, nahbar, familiär. Der Sohn übernahm nach Stationen im Marketing, Sales und Produktmanagement im Jahr 2019 schließlich die Geschäftsleitung. Der Vater fungierte seither noch als Berater – und widmete sich einem Projekt, das ihn schon ebenso lange beschäftigt, wie das Unternehmertum: Kinderbücher zu schreiben. Doch während Perview Systems bislang in Familienbesitz war, gehört das Unternehmen mit rund 30 Mitarbeitenden inzwischen als 100-prozentige Tochter zur Unternehmensgruppe Infoniqa.

Der Schritt war längst überfällig, wie Antz erklärt. "Wir haben seit längerem nach einem strategischen Partner Ausschau gehalten, der uns einen echten Mehrwert bringt", sagt er. Finanzinvestoren, die das Unternehmen nur kurz verwalten und weiterverkaufen oder schließen, seien keine Option gewesen. In der neuen Gruppe rund um den HR-, Payroll- und Finance-Anbieter Infoniqa sieht er Perview Systems gut aufgehoben. Die Gruppe, zu der auch das BRZ mit Stammsitz in Nürnberg gehört, verzeichnet nach eigenen Angaben einen Jahresumsatz von zuletzt rund 150 Millionen Euro, hat 30.000 Kunden und wickelt jährlich etwa drei Millionen Gehaltsabrechnungen ab. Welchen Umsatzzuwachs der Zukauf für die Gruppe bringt, darüber macht Antz keine Angaben. Er dürfe im höheren einstelligen Millionenbereich liegen.

Individuelle Unterstützung im Performance Management

Perview erhofft sich durch den Verkauf, Synergien der Gruppe nutzen zu können, etwa durch gemeinsame Investitionen in KI, einen verbesserten Marktzugang oder ein umfassenderes Produktportfolio. Ursprünglich auf Performance Management spezialisiert, entwickelt sich der Anbieter auf Nachfrage seiner Kunden hin sukzessive zum Suite-Anbieter. Heute umfasst das Portfolio 15 Module, die von Payroll über Zeitwirtschaft bis hin zu Talent Management reichen. Gerade das Kerngeschäft, das Leistungsmanagement, bleibt Antz zufolge aber herausfordernd. Obwohl es laut aktuellen Umfragen ganz oben auf der Agenda vieler CHROs steht, verzeichnet er noch keine verstärkte Nachfrage. Das erklärt er auch historisch. "Performance Management hat in Deutschland seit jeher einen schweren Stand. Andere Nationen sind da längst weiter."

Den Grund sieht er darin, dass ein Performance Management anspruchsvoll und komplex sei und sich viele Verantwortliche davor drücken: "Unternehmen müssen ein Arbeitsumfeld schaffen, das Lust auf Leistung weckt – und nicht einfach Benefits mit der Gießkanne verteilen", ist er überzeugt. Die gesamtwirtschaftliche Lage und der Druck in den Betrieben, die Produktivität zu erhöhen, könnte ihm dabei in die Karten spielen. Seine Softwarelösung, die individuell auf die Bedürfnisse der Betriebe eingestellt werden kann, könne helfen, das Performance Management einzuführen und in der täglichen Arbeit zu unterstützen.

Mit der Integration in die neue Unternehmensgruppe verändert sich auch Antz Rolle. In der neu geschaffenen Matrixorganisation der Gruppe fungiert Antz als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Perview und leitet die Business Unit HR Solutions. Diese trägt aktuell 43,2 Millionen zum Gesamtumsatz bei und gilt als strategischer Wachstumstreiber. Während Perview sich zum Entwicklungshub für HR entwickeln soll und dafür weitere fachliche Ressourcen aus der Gruppe erhält, dürften die administrativen Strukturen verschlankt werden. "Den Overhead in die Organisation zu integrieren, hilft uns ungemein, uns auf unsere Kernaufgaben zu konzentrieren", sagt Antz. Aber natürlich gäbe es Bedenken, dass der Wohlfühlcharakter eines kleinen Betriebs verloren gehen könnte, gibt er zu. "Dafür profitieren wir von der Professionalität und Erfahrung der Größe der Gruppe", gibt Antz zu. Ob der unbefristete Vertrag des nun angestellten Geschäftsführer da als Zeichen der Stabilität und Kontinuität wahrgenommen wird, wie er meint, bleibt abzuwarten.

Der Druck am HR-Software-Markt steigt

Die Phase der Transformation wird sich schrittweise vorgenommen. Die Markenstrategie sieht eine schrittweise Konsolidierung der Sub-Brands vor, heißt, die Marke Perview soll zum Ende des Jahres 2025 vollständig verschwinden und die Produkte von da an ausschließlich unter dem Label Infoniqa HR vertrieben werden. Im Fokus bleibt der gehobene Mittelstand, Unternehmen der Größe 250 bis 5.000 Beschäftigte. Und auch weiterhin sollen sowohl Erstdigitalisierer als auch Unternehmen, die ein Bestandssystem ablösen möchten, zu den potenziellen Kunden zählen. Dabei tritt Antz sowohl gegen HR-Generalisten als auch -Spezialisten an.

Der Wettbewerb sei intensiver geworden, sagt er. Das führt er auch auf die gestiegenen Marketingaktivitäten in der Branche zurück. Als treibende Kraft nennt er den Münchner HCM-Anbieter Personio. "Das setzt alle anderen Player unter Zugzwang. Gleichzeitig profitieren wir aber auch davon, dass die Aufmerksamkeit für HR-Software insgesamt steigt", sagt Antz. Als Teil der neuen Unternehmensgruppe sieht er sich gut gerüstet. Die Marke Infoniqa solle künftig sichtbarer werden. Dazu seien Investitionen ins Marketing geplant. "Ich bin mir sicher, dass wir mit tiefer Marktkenntnis und einer leistungsfähigen Plattform gute Argumente liefern", gibt er sich zuversichtlich. Der Druck für ihn dürfte steigen. Denn auch wenn der Warburg Pincus eher langfristig plant, dürften die Renditeerwartungen höher liegen als in einem Familienunternehmen.


Zur Serie: Im "Marktgespräch HR Tech" spricht die Haufe Online Redaktion in regelmäßigen Abständen mit Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen etablierter Softwarehäuser sowie aufstrebender Startups und beleuchtet dabei die Entwicklungen und Trends im Markt für HR-Software.


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