Einspruchsfrist verpasst weil Excel-Anhang verschlüsselt war

Enthält eine elektronisch ans Gericht übersandte Nachricht im PDF-Anhang verschlüsselte Elemente, so ist die Datei in ihrer Gesamtheit nicht zur Bearbeitung durch das Gericht geeignet. Das gilt auch für die nicht verschlüsselten Teile.

Das OLG Dresden hat sich in einem aktuellen Fall mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen elektronisch an das Gericht übersandte PDF-Anhänge zur Bearbeitung durch das Gericht geeignet sind. Das Gericht hat die Anforderungen hoch angesetzt. Eine verschlüsselte PDF-Datei ist danach nicht zur Bearbeitung durch das Gericht geeignet und macht darüber hinaus auch nicht verschlüsselte Teilanhänge für die gerichtliche Bearbeitung unbrauchbar.

Einspruchsschrift in Quarantäne ausgesteuert

Im konkreten Fall hatte der Klägervertreter für die von ihm vertretene Partei Einspruch gegen ein Versäumnisurteil eingelegt. Der vom Klägervertreter rechtzeitig innerhalb der Einspruchsfrist über das EGVP versandte Einspruch war mit einem Datensatz verbunden, der als weitere PDF-Anlage eine passwortgeschützte Excel-Datei enthielt. Da diese Datei infolge der Verschlüsselung nicht auf Schadsoftware und Virenbefall geprüft werden konnte, steuerte die gerichtliche Empfangskomponente „EGVP-Enterprise“ die gesamte Nachricht einschließlich der nicht verschlüsselten Einspruchsschrift in die Quarantäne aus.

Gerichtlicher Hinweis auf Ungeeignetheit zur gerichtlichen Bearbeitung

Die Verwaltung des zuständigen OLG informierte den Klägervertreter nach Ablauf der Einspruchsfrist per E-Mail darüber, dass eine Trennung der nicht prüfbaren von den prüfbaren Dateien innerhalb der versandten Nachricht nicht möglich war, die Nachricht deshalb nicht abgerufen werden konnte und damit die gesamte Nachricht nicht gemäß § 130a Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sei.

Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Am Folgetag übersandte der Klägervertreter einen qualifiziert elektronisch signierten Schriftsatz, in dem der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragte. Dem wiederum über das EGVP übersandten Schriftsatz war die ursprüngliche Einspruchsschrift als PDF-Datei ohne qualifizierte elektronische Signatur beigefügt.

Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen

Das OLG verwarf den Einspruch gegen das Versäumnisurteil als unzulässig und wies den Antrag auf Wiedereinsetzung in vorigen Stand zurück. Nach Auffassung des OLG war die ursprüngliche Übersendung der Einspruchsschrift innerhalb der Einspruchsfrist nicht fristwahrend. Das eingereichte Dokument habe nicht den Anforderungen des § 130a Abs. 1, Abs. 2 ZPO genügt. Der Passwortschutz der in der übersandten Nachricht enthaltenen Excel-Datei habe dazu geführt, dass die gesamte Nachricht in die Quarantäne ausgesteuert und anschließend komplett gelöscht worden sei. Eine Bearbeitung der in der Nachricht enthaltenen Einzeldokumente durch das Gericht sei nicht möglich gewesen.

Keine rückwirkende Eingangsfiktion

Auch die rückwirkende Eingangsfunktion des § 130a Abs. 6 ZPO half dem Kläger nicht. Gemäß § 130a Abs. 6 Satz 1 ZPO hat das Gericht bei Übersendung eines nicht zur Bearbeitung geeigneten elektronischen Dokuments den Absender auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich hinzuweisen. Gemäß § 130a Abs. 6 Satz 2 ZPO gilt das Dokument als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern

  • der Absender das Dokument in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form unverzüglich nachreicht und
  • unverzüglich glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.

Elektronische Signatur fehlte

Beide Voraussetzungen der rückwirkenden Eingangsfiktion waren nach der Bewertung des OLG nicht erfüllt. Zwar habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers am Tag nach dem Hinweis des OLG eine Einspruchsschrift als PDF-Datei nachgereicht. Diese sei aber nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO über das BeA, sondern über das EGVP an das Gericht gesandt worden. Anders als bei einer Versendung über das BeA hätte die Einspruchsschrift daher mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäß § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO versehen sein müssen. Da diese fehlte, komme der Kläger schon deshalb nicht in den Genuss einer rückwirkenden Eingangsfiktion.

OLG vermisste unverzügliche Glaubhaftmachung

Darüber hinaus habe es der Kläger versäumt, unverzüglich glaubhaft zu machen, dass die nachgereichte Einspruchsschrift mit dem ursprünglichen Dokument übereinstimmt. Diese unverzügliche Glaubhaftmachung sei gemäß §§ 130a Abs. 6 Satz 2, 294 Abs. 1 ZPO ebenfalls zwingende Voraussetzung für die nachträgliche Eingangsfiktion.

Wiedereinsetzung nicht gewährt

Im Ergebnis waren nach der Entscheidung des Senats daher der Einspruch verfristet und der Wiedereinsetzungsantrag unbegründet.

Hintergrund:

Bei der elektronischen Übersendung von fristgebundenen Anhängen im PDF-Format sollten Anwälte grundsätzlich große Sorgfalt an den Tag legen. Erst kürzlich hat der BGH entschieden, dass Anwälte verpflichtet sind, per BeA übersandte Anhänge im PDF-Format stets auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen.

PDF-Anhang enthielt leeres Blatt

In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte ein Anwalt am letzten Tag der Frist beim Berufungsgericht gegen ein erstinstanzliches Urteil Berufung einlegen wollen. Er übersandte eine persönlich signierte Nachricht über sein BeA an das Berufungsgericht. Diese enthielt neben dem Prüfvermerk zwei Anhänge im PDF-Format. Ein Anhang enthielt das erstinstanzliche Urteil, der zweite Anhang mit dem Namen „Schriftsatz.PDF“ sollte die Berufungsschrift enthalten, enthielt aber lediglich ein leeres Blatt.

Anwälte müssen Dokumente auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen

Der BGH stellte klar, dass der signierende Rechtsanwalt die aus einem anderen Dateiformat in eine PDF-Datei umgewandelten Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsschrift vor Übersendung an das Gericht per BeA darauf überprüfen muss, ob ihr Inhalt der Ausgangsdatei entspricht (BGH, Beschluss v. 8.3.2022, VI ZB 78/21). Da die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft machen konnte, dass ihr Bevollmächtigter das endgültige PDF-Dokument auf inhaltliche Richtigkeit überprüft hatte, bewertete das Gericht die eingetretene Versäumung der Berufungsfrist als verschuldet und versagte eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (BGH, Beschluss v. 17.12.2024, II ZB 5/24).


(OLG Dresden, Urteil v. 5.2.2025, 5 U 467/24)



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