Mitschuld für Polizisten, die einen Verkehrsunfall sicherten

Drei Bundespolizisten kamen auf dem Heimweg auf einer Autobahn an einer Unfallstelle vorbei. Auf der linken Fahrspur war ein Fahrzeug liegen geblieben, auf den beiden anderen Fahrspuren lagen Trümmerteile. Die Polizisten entschlossen sich, anzuhalten und die Unfallstelle abzusichern.
Ein Polizist tödlich, die beiden anderen schwer verletzt
Etwa 30 Minuten später, nachdem die beiden rechten Fahrstreifen wieder freigegeben worden waren, kollidierte der Fahrer eines auf dem dritten Fahrstreifen fahrenden Pkw frontal mit einem der drei auf dem Standstreifen stehenden Polizeibeamten.
Nach dem tödlichen Zusammenstoß erfasste der Fahrer auch die beiden anderen Beamten, die schwer verletzt wurden. Der beklagte Unfallfahrer wurde wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.
Die Klägerin, die Bundesrepublik Deutschland, verlangte von dem Unfallfahrer den Ersatz der von ihr an die Hinterbliebenen erbrachten Leistungen in Höhe von 350.000 EUR.
OLG: Polizisten haben sich fahrlässig selbst gefährdet – Unfallfahrer haftet nur zu zwei Drittel
Das LG war von einer vollständigen Haftung des beklagten Fahrers ausgegangen. Das OLG Frankfurt hingegen kam zu der Einschätzung, dass die Beklagten zwar grundsätzlich für die unfallbedingten Schäden hafteten. Allerdings beschränke sich die Haftung auf zwei Drittel. Begründung:
- Die geschädigten Beamten hätten sich als Fußgänger im Bereich der Fahrbahn der Bundesautobahn verkehrswidrig verhalten und dadurch eine nicht unerhebliche Schadensursache gesetzt.
- Eine Autobahn dürfe nur in Ausnahmefällen betreten werden. Dies müsse mit höchstmöglicher Sorgfalt und so kurz wie möglich erfolgen.
- Die Beamten hätten sich fahrlässig selbst gefährdet, indem sie sich noch 30 Minuten nach dem Unfall auf dem linken Seitenstreifen befanden, ohne den herannahenden Verkehr zumindest sorgfältig zu beobachten und ohne angemessen auf ihn zu reagieren.
OLG: Polizisten hätten Unfall bei Aufmerksamkeit vermeiden können
Nach Aussage eines Zeugen war der linke Fahrstreifen unmittelbar vor dem Unfall über mehrere hundert Meter völlig frei und gut einsehbar. Bei aufmerksamer Beobachtung des herannahenden Verkehrs hätten die Beamten rechtzeitig reagieren können, folgerte das Gericht. Sie hätten die nur 92 Zentimeter hohen Betonschutzwände, die die beiden Fahrbahnen trennen, überklettern und so den Unfall vermeiden können.
Bei Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge sei von einer Mithaftung der Beamten von einem Drittel auszugehen.
(OLG Frankfurt, Urteil v. 05.12.2024, 15 U 104/22)
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.0842
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
960
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
927
-
Einbau von Klimaanlage bei Eigentumswohnung: Anspruch auf Zustimmung?
854
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
757
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
632
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
629
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
622
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
576
-
Voraussetzungen und Fristen für die Wiedereinsetzung
544
-
Bei Raserei geblitzt – einfach das Messprotokoll anzweifeln ist wenig aussichtsreich
30.06.2025
-
Kettenauffahrunfall – wer haftet in welcher Höhe?
25.06.2025
-
Behörde untersagt das Führen von Fahrrädern und E-Scootern
12.06.2025
-
Kein Nutzungsausfallschaden wegen eingeschränktem Fahrvergnügen
04.06.2025
-
Auffahrunfall nach Spurwechsel: Warum der Auffahrende nur zur Hälfte haftet
03.06.2025
-
12 Monate Fahrtenbuch bei erstmaligem Rotlichtverstoß
22.05.2025
-
In Tiefgarage beim Ausparken gegen Betonsockel gefahren - haftet das Bauunternehmen?
20.05.2025
-
Mit zu hohem Mietauto in Tiefgarage – haftet der Mieter für die Schäden?
23.04.2025
-
Kollision mit Linksabbieger: Überhöhte Geschwindigkeit führt zu Mitschuld trotz Anscheinsbeweis
03.04.2025
-
Kein Mitverschulden bei fehlendem Fahrradhelm
26.03.2025