EU-Kommission schafft neue Kategorie für Unternehmen: SMCs (Small Mid-Caps)

Die EU-Kommission hat 2025 eine Reihe von sogenannten Omnibus-Paketen vorgestellt – Gesetzespakete, die mehrere bestehende Verordnungen oder Richtlinien gleichzeitig ändern oder aktualisieren und vor allem darauf abzielen, die bürokratische Belastung für Unternehmen zu reduzieren. Der Verwaltungsaufwand für alle Unternehmen soll im Schnitt um 25 %, für mittelständische Unternehmen sogar um 35 % reduziert werden.
Diesem Ziel dient auch das am 21.5.2025 veröffentlichte Omnibus-Paket IV, das eine neue Kategorie für Unternehmen vorschlägt, die zwischen klassischen KMU (kleine und mittlere Unternehmen) und Großunternehmen angesiedelt sind – die sogenannten SMCs (Small Mid-Cap Enterprises).
SMCs sollen Unternehmen sein, die formal keine KMU mehr sind, aber dennoch nicht die Struktur oder Ressourcen von Großunternehmen aufweisen. Konkret ist ein Unternehmen laut Vorschlag ein SMC, wenn es
- mehr als 249 und weniger als 750 Mitarbeitende beschäftigt und
- entweder einen Jahresumsatz von mehr als 50 Mio. EUR und weniger als 150 Mio. EUR erwirtschaftet oder eine Bilanzsumme von über 43 Mio. EUR und weniger als 129 Mio. EUR aufweist.
Mit dieser neuen Klassifizierung will die EU sicherstellen, dass mittelständische Unternehmen nicht zwischen den Regelwerken für KMU und Großunternehmen zerrieben werden.
Gezielte Entlastung der SMCs
Die neue Definition soll in mehrere EU-Richtlinien und Verordnungen einfließen – mit dem Ziel, SMCs gezielt zu entlasten:
1. Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO): Aktuell sind bestimmte Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitenden von der Pflicht befreit, Verzeichnisse von Verarbeitungstätigkeiten zu führen. Diese Schwelle soll auf SMCs ausgeweitet werden. Zudem soll die Pflicht nur noch für besonders risikobehaftete Datenverarbeitungen gelten.
Prognostiziertes Einsparpotenzial laut Kommission: bis zu 66 Mio. EUR pro Jahr.
2. Prospektpflichten für börsennotierte Unternehmen: Für SMCs ist ein vereinfachter EU-Wachstumsemissionsprospekt vorgesehen. Damit sinkt der Aufwand für Kapitalmaßnahmen und Börsengänge erheblich.
Prognostiziertes Einsparpotential: bis zu 20.000 EUR pro Emission und bis zu 12,7 Mio. EUR Gesamteinsparpotential für betroffene Unternehmen.
3. Abschließend sollen für SMCs (1) die Sorgfalts- und Rückverfolgungspflichten im Zusammenhang mit der Lieferkette für Batterierohstoffe ausgenommen werden (Batterieverordnung), (2) der Zugang zu einem speziellen Helpdesk eröffnet werden, der sie bei Handelsbeschwerden im Bereich von Dumping und Subventionen unterstützen kann (Antidumping- und Antisubventionsgrundverordnung), und (3) die Registrierungspflicht für Importeure von Geräten mit fluorierten Treibhausgasen soll für SMCs nur noch gelten, wenn das Produkt tatsächlich von Berichtspflichten oder Begrenzungen betroffen ist (F-Gas-Verordnung).
Anmerkungen und Praxishinweise
Viele Unternehmen im europäischen Mittelstand sehen sich heute mit einem Übermaß an Bürokratie konfrontiert, das ursprünglich für Großunternehmen gedacht war. Gerade in kapitalmarktnahen Bereichen (z. B. Börsengang) schreckt der Aufwand oft ab. Omnibus IV greift diesen Missstand auf.
Wenn die Vorschläge der Kommission umgesetzt werden, könnten mittelständische Unternehmen deutlich entlastet werden – finanziell, personell und organisatorisch. Damit verbessern sich nicht nur die Wettbewerbsbedingungen, sondern auch der Zugang zum Kapitalmarkt.
Ob und in welcher Form das Europäische Parlament die Vorschläge der Kommission annimmt, bleibt abzuwarten. Klar ist aber: Die neue SMC-Kategorie bringt dringend benötigte Differenzierung in die Unternehmensregulierung – und macht damit vielen mittelständischen Firmen in Europa Hoffnung auf spürbare Erleichterungen.
Ein Lichtblick im Dickicht der EU-Vorschriften – und vielleicht ein erster Schritt zu einer echten Mittelstandsagenda auf europäischer Ebene.
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