Verlängerung der 4-jährigen Reinvestitionsfrist auf 6 Jahre ohne Bauantrag

Beispiel: Mündlicher Auftrag zur Planung einer Lagerhalle
A ist Inhaber eines Bauunternehmens. Im Jahr 2014 hat er ein unbebautes Grundstück veräußert und einen Veräußerungsgewinn von 100.000 EUR erzielt, für den er zulässigerweise gewinnmindernd eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG gebildet hat. Die Rücklage ist noch in der Bilanz zum 31.12.2018 enthalten.
Nach einer Außenprüfung will das Finanzamt die Rücklage zum 31.12.2018 gewinnerhöhend auflösen und den Gewinn nach § 6b Abs. 7 EStG zusätzlich um den Gewinnzuschlag von (4 x 6 % =) 24 % von 100.000 EUR = 24.000 EUR erhöhen.
A ist damit nicht einverstanden, da er im Oktober 2018 einem Architekten mündlich den Auftrag erteilt habe, mit der Planung für eine Lagerhalle zu beginnen. Der Bauantrag sei zwar erst am im April 2019 gestellt worden, mit der Planung sei aber schon in 2018 begonnen worden. Die entsprechende Rechnung des Architekten datiere vom 04.03.2019. Daraus ergebe sich, dass auf die 2018 durchgeführten Vorbereitungsarbeiten (Aufmaß des Gebäudebestands; Vorplanungen; Besprechungen mit dem zuständigen Bauleiter über das weitere Vorgehen usw.) rd. 13,5 Arbeitsstunden entfielen.
Verlängerung des normalen Reinvestitionszeitraums von 4 auf 6 Jahre
Ist eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG am Schluss des 4. Auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs noch vorhanden, ist sie in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen, soweit nicht ein Abzug von den Herstellungskosten von Gebäuden in Betracht kommt, mit deren Herstellung bis zu diesem Zeitpunkt begonnen worden ist (§ 6b Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 1 EStG). Mit der in § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG vorgesehenen Verlängerung der grundsätzlich 4-jährigen Reinvestitionsfrist auf 6 Jahre wird dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Gebäudeinvestition oft besonders zeitaufwändig ist. Die Verlängerung der Reinvestitionsfrist nach § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG gilt nur für vom Steuerpflichtigen selbst (neu) hergestellte Gebäude (BFH Beschluss vom 19.11.2015 - IV B 103/14); der Steuerpflichtige muss also die Herstellung selbst betreiben.
Stellung des Bauantrags vor Schluss des 4. Jahrs ist als rechtzeitiger Herstellungsbeginn anzusehen
Unzweifelhaft ist der Begriff „Herstellungsbeginn“ dann erfüllt, wenn innerhalb des 4-Jahreszeitraums bei der zuständigen Verwaltungsbehörde ein vollständiger Bauantrag eingereicht wird (BFH Urteil vom 15.10.1981 - IV R 85/81; H 6b.2 "Herstellungsbeginn" EStH 2018). Mit der Herstellung eines Gebäudes gem. § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG ist aber nur dann begonnen, wenn der gestellte Bauantrag sich auf das später tatsächlich errichtete Gebäude bezieht. Ein Herstellungsbeginn kann nicht angenommen werden, wenn der Bauantrag abgelehnt, die ursprünglichen Planungen, soweit sie sich auf den Baukörper erstreckten, aber für einen anderen Neubau vollständig oder weitgehend übernommen werden (BFH Urteil vom 14.03.2012 - IV R 6/09).
Keine hinreichende Konkretisierung des Neubauprojekts nach Urteil des FG München
Das FG München vertritt die Ansicht, dass es an einer hinreichenden Konkretisierung des Neubauprojekts jedenfalls dann mangelt, wenn ein dem Architekten erteilter mündlicher Planungsauftrag bis zum Ablauf der regulären Investitionsfrist im Wesentlichen zu Vorbereitungsarbeiten führt und ein – wenigstens im Wesentlichen – fertiger Plan vor dem Bilanzstichtag fehlt (FG München Urteil vom 14.02.2017 - 6 K 2143/16).
Praxis-Tipp: Zugelassene Revision wurde eingelegt
Gegen das Urteil des FG München wurde die zugelassene Revision eingelegt (Rev. anhängig unter BFH-Az. X R 7/17). In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass für die Verlängerung der Reinvestitionsfrist auf 6 Jahre der in § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG geforderte Herstellungsbeginn nicht überspannt werden darf (Herrler, StuB 2017 S. 501). Wenn das FG München aber dennoch einen "im Wesentlichen fertigen Bauplan" fordere, widerspreche dieses konstruierte Erfordernis dem Sinn und Zweck des § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG, für den die Realisation des Bauvorhabens innerhalb der 6-Jahresfrist entscheidend sei. Vergleichbare Fälle sollten auf jeden Fall offen gehalten und abgewartet werden, ob der BFH der Vorinstanz folgt.
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