Neues Leben und ein Tinder für deutsche Innenstädte

In den Innenstädten tun sich Lücken auf. Läden schließen, neue Mieter müssen gefunden werden oder sie suchen Flächen – ein Impulspapier aus der Immobilienbranche und eine Matching-Software sollen den Paradigmenwechsel beflügeln.

Leerstand, zu viele Flächen für den Einzelhandel, eine fehlende Nutzungsvielfalt – die Innenstädte in Deutschland stehen unter Druck. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) hat ein Positionspapier für Stadtentwickler und Investoren vorgelegt.

"Ohne klare politische Leitplanken und investitionsfreundliche Rahmenbedingungen riskieren wir, dass sich die Krise dauerhaft verfestigt", sagte Gunther Adler, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des ZIA. Kosmetische Reparaturen reichten nicht mehr. Der Verband plädiert für schnellere Planungsprozesse, die gezielte Förderung von Transformationsprojekten und die Nutzung bestehender Immobilienpotenziale.

Das Positionspapier enthält unter anderem Best-Practice-Beispiele, Fördervorschläge und ein Modell für ein "Innenstadt-Monitoring", das datenbasiert den Zustand und die Entwicklung urbaner Räume bewertet.

ZIA: Mehr Raum für Wohnen, Bildung, Kultur, urbane Produktion

"Wir dürfen den Fehler nicht wiederholen, nur auf Neubau am Stadtrand zu setzen. Die Zukunft liegt auch im Bestand – mitten in unseren Städten", betonte Adler. Die Innenstadt müsse neu gedacht denken: weniger Fokus auf monofunktionalen Einzelhandel, mehr Raum für Wohnen, Bildung, Kultur und urbane Produktion. Die Zeit der Fußgängerzonen als reine Shoppingmeilen sei vorbei. Stattdessen müsse ein Nutzungsmix etabliert werden, der auch abends und am Wochenende für Belebung sorgt.

"Es geht um mehr als Gebäude. Es geht um Lebensqualität, Teilhabe und Identität. Eine Innenstadt ohne Menschen ist keine Stadtmitte – sie ist nur eine teure Brache", so der Stellvertretende ZIA-Hauptgeschäftsführer. Die Innenstädte müssten zum gemeinsamen Projekt von Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft werden, sonst "verlieren wir mehr als nur Immobilienwerte", so Adler.

ZIA-Positionspapier "Neue Innenentwicklungen: Neue Ideen und neue Qualitäten"

Matching-Tool LeAN: Tinder für Innenstädte

Das Institut für Handelsforschung (IFH) hat die Matching-Software LeAn, kurz für "Leerstand und Ansiedlung" entwickelt, die kostenlos leerstehende Immobilien in den deutschen Innenstädten vermittelt.

"Wer eine Gewerbefläche sucht, kann leichter mit denjenigen in Kontakt kommen, die eine Fläche anbieten und auch ganz neue Konzepte ausprobieren", teilte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Februar 2023 mit, von dem das Projekt gefördert wurde. Erprobt wurde die Software bis Ende 2022 in 14 Modellstädten.

Kommunen, die Leerstände digital erfassen und proaktiv Ansiedlungen managen wollen, können das Tool ebenso nutzen wie potenzielle Mieter, die relevante Informationen einfacher finden wollen, oder Eigentümer, die neue Mieter für freie Gewerbeflächen suchen.

Wie das Tool gegen Leerstand und Langeweile hilft, hat das "Handelsblatt" vor Kurzem in einer Kolumne anschaulich beschrieben.

Matching-Software: Digitale Plattform LeAn


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Schlagworte zum Thema:  Leerstand, Stadtentwicklung, Immobilienwirtschaft