Nachträgliche Änderung des Veräußerungserlöses

Wenn sich in einem späteren Veranlagungszeitraum ein Veräußerungspreis oder Anschaffungskosten ändern, ist zu prüfen, ob dies zu einer unmittelbaren Einwirkung auf den versteuerten Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft führt.

Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften

Nach § 22 Nr. 2 EStG zählen zu den sonstigen Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG auch solche aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 EStG. Diese umfassen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG prinzipiell Veräußerungsgeschäfte bei

  • Grundstücken, soweit der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt,
  • anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 1 Jahr beträgt,
  • denen die Veräußerung vor der Anschaffung erfolgt hier spielen Fristen keine Rolle.

Ermittlung des Veräußerungsgewinns

Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften ist nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindern sich nach § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG um Absetzungen, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, müssen also von den Anschaffungskosten abgesetzt werden, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung abgezogen worden sind.

Zu den Werbungskosten, die neben den - ggf. um die AfA geminderten - Anschaffungs- oder Herstellungskosten vom Veräußerungspreis abzuziehen sind, gehören u.a. die Aufwendungen, die der Veräußerer macht, um die Veräußerung herbeizuführen. Als Werbungskosten abziehbar sind also alle Aufwendungen, die mit der Veräußerung wirtschaftlich zusammenhängen, z.B. Kosten für Verkaufsinserate, Makler, Notar und Grundbuchamt bei einer Grundstücksveräußerung.

Beispiel: Verkauf eines unbebauten Grundstücks

A hat 2020 ein unbebautes Grundstück für 150.000 EUR gekauft, das er in 2025 für 200.000 EUR verkauft. Der Veräußerungsgewinn von 50.000 EUR (200.000 EUR Veräußerungserlös ./. 150.000 EUR Anschaffungskosten) unterliegt als sonstige Einkünfte der Einkommensbesteuerung.

Steuerfreigrenze von 999,99 EUR

Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bleiben nach § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG steuerfrei, wenn der aus den privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 1.000 EUR betragen hat. Gewinne und -verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften eines Jahres sind miteinander zu verrechnen. Wird diese Bagatellgrenze überschritten, d.h. beträgt der Gesamtgewinn 1.000 EUR oder mehr, so ist der gesamte Betrag einkommensteuerpflichtig. Es handelt sich hierbei nicht um einen Freibetrag, sondern um eine Freigrenze von 999,99 EUR.

Besteuerungszeitpunkt

Für welches Kalenderjahr der Gewinn oder Verlust aus dem privaten Veräußerungsgeschäft erfasst wird, ist nach dem Zufluss i.S.d. § 11 Abs. 1 EStG des Veräußerungserlöses zu beurteilen (BFH, Urteil v. 2.4.1974, VIII R 76/69, BStBl 1974 II S. 540; ebenso BFH, Urteil v. 6.12.2016, IX R 18/16, BStBl 2017 II S. 676 Rn. 18). Hinsichtlich des Zuflusses des Veräußerungsgewinns gilt das Zufluss- und Abflussprinzip des § 11 EStG. Diese Vorschrift er besagt, dass Einnahmen innerhalb des Kalenderjahrs bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Damit ist aber der Veräußerungsgewinn in dem Veranlagungszeitraum und in der Höhe zu versteuern, wie er dem Veräußerer tatsächlich zugeflossen ist.

Vorab entstandene Werbungskosten sind – abweichend vom Abflussprinzip – erst in dem Jahr anzusetzen, in dem der Veräußerungserlös aus dem privaten Veräußerungsgeschäft zufließt. Entsprechendes gilt auch für nachträgliche Werbungskosten, da § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG generell das in § 11 Abs. 2 EStG enthaltene Abflussprinzip durchbricht (BFH, Urteil v. 17.7.1991, X R 6/91, BStBl 1991 II S. 916 Rn. 26). Werbungskosten, die im Zuflussjahr der Einnahmen noch nicht getätigt, deren Abfluss in den folgenden Jahren aber sicher ist, sind von vornherein im Zuflussjahr mit zu berücksichtigen. Nur wenn sie im Zuflussjahr noch nicht sicher vorhersehbar sind, sind sie nachträglich zu berücksichtigen, indem die Veranlagung des Zuflussjahrs geändert wird (BFH, Urteil v. 3.6.1992, X R 91/90, BStBl 1992 II S. 1992 S. 1017).

Nachträgliche Änderung des Veräußerungserlöses oder der Anschaffungskosten

Es kommt vor, dass nach Verkauf eines Grundstücks im Rahmen eines nach § 23 EStG steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäfts aufgrund der Vertragsbestimmungen Kaufpreisnachzahlungen auf der Anschaffungs- oder Veräußerungsseite zu leisten sind. Es fragt sich dann, ob derartige Verminderungen des Veräußerungsgewinns im Jahr der Zahlung des Betrags einkünftemindernd zu erfassen sind, oder ob es sich um eine Änderung mit Rückwirkung handelt, die nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu berücksichtigen ist, weil ein Ereignis eingetreten ist, "das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis)".

In einer älteren Entscheidung hat der BFH die Auffassung vertreten, dass eine in einem späteren Veranlagungszeitraum eingetretene Veränderung des Veräußerungspreises nicht zu einer unmittelbaren Einwirkung auf den Gewinn aus dem Gewinn aus dem privaten Veräußerungsgeschäft führt, sodass der ursprünglich ermittelte Veräußerungsgewinn unbeeinflusst bleibt (BFH, Urteil v. 2.4.1974, VIII R 76/69, BStBl 1974 II S. 540). Muss der Steuerpflichtige einen Teil des Veräußerungspreises zurückzahlen, so ist das danach ein Vorgang, der als eine Form negativer Einnahmen Auswirkungen im Veranlagungszeitraum der Rückzahlung hat. Die Rückzahlung in einem späteren Veranlagungszeitraum hebt nach diesem Urteil jedenfalls den Zufluss in einem früheren Veranlagungszeitraum nicht wieder auf.

Praxis-Tipp: Negative Einnahme fällt nicht unter das Verlustausgleichsgebot

Vermindert sich auf diese Weise in einem späteren Jahr der ursprünglich entstandene Veräußerungsgewinn, so fällt die Verminderung nicht unter das Verlustausgleichsverbot des § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG. Dieser sieht zwar vor, dass Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nur bis zur Höhe des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Jahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat, ausgeglichen werden dürfen. Unter Verlust ist aber hier nur der tatsächlich aus einem privaten Veräußerungsgeschäft entstandene verstehen. Die Berücksichtigungsfähigkeit von sog. negativen Einnahmen ergibt sich aber unmittelbar aus § 11 EStG. Für einen sich hieraus ergebenden Ausgleich sieht das Gesetz kein Verbot vor. Im Jahr der Rückzahlung entsteht in dem späteren Jahr begrifflich kein privates Veräußerungsgeschäft, sondern nur eine Korrektur des Veräußerungsgewinns, also eine negative Einnahme (BFH, Urteil v. 2.4.1974, VIII R 76/96, BStBl 1974 II S. 540 Rn. 13)

BFH-Rechtsprechung ist jedoch uneinheitlich

Die BFH-Rechtsprechung ist jedoch uneinheitlich. Der BFH vertritt in einer späteren Entscheidung die Auffassung, dass in dem Fall, in dem in späteren Jahren vereinnahmte Erlöse zurückgezahlt werden, diese negativen Einnahmen wie künftige Werbungskosten schon in den Zuflussjahren von den Einnahmen abzusetzen sind, sofern eine Rückzahlung sicher zu erwarten ist. Fallen nicht sicher feststehende Erlösminderungen an, soll der ursprüngliche bestandskräftige Bescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden (BFH, Urteil v. 3.6.1992, XI R 91/90, BStBl 1992 II S. 1017 Rn. 23 f.). In einer neueren Entscheidung hat der BFH offengelassen, inwieweit nachträgliche Änderungen des Veräußerungserlöses oder der Anschaffungskosten materiell-rechtlich und verfahrensrechtlich auf den Zeitpunkt des Entstehens des Veräußerungsgewinns oder -verlusts zurückwirken (BFH, Urteil v. 4.10.2016, IX R 8/15, BStBl 2017 II S. 316 Rn. 23).


Schlagworte zum Thema:  GmbH