Gewinnermittlung nach der Tonnage

Die Gewinnermittlung nach der Tonnage für ein Folgejahr setzt voraus, dass in dem Folgejahr die in § 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EStG genannten zeitraumbezogenen Voraussetzungen gegeben sind und die Option zu dieser Gewinnermittlungsart im Erstjahr auf Grundlage eines bestehenden Wahlrechts ausgeübt wurde. Das Wahlrecht setzt unter anderem die Absicht voraus, das Handelsschiff langfristig zu betreiben.

Hintergrund: Gesetzliche Regelung

Die sog. Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG ist eine besondere Art der Gewinnermittlung für Handelsschiffe im internationalen Verkehr; die Tonnagebesteuerung wird nur auf Antrag des Steuerpflichtigen angewendet (Wahlrecht). Statt der üblichen Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich erfolgt eine pauschale Versteuerung nach der Größe des jeweiligen Schiffes. Folgende Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach der Tonnage müssen gem. § 5a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EStG insgesamt erfüllt sein:

  • Betrieb eines Handelsschiffes im internationalen Verkehr;
  • Bereederung des Handelsschiffes im Inland;
  • Vorliegen eines Gewerbebetriebs mit Geschäftsleitung im Inland;
  • Vorliegen der Voraussetzungen nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG;
  • Stellung eines unwiderruflichen Antrags auf Tonnagebesteuerung.

Das Wahlrecht zur Anwendung des § 5a EStG besteht nur dann, wenn für das Erstjahr, das heißt für das Jahr, in dem erstmals die Gewinnermittlung nach der Tonnage erfolgt, alle Voraussetzungen für gegeben sind. Danach müssen für das Erstjahr nicht nur die in § 5a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EStG ausdrücklich genannten Voraussetzungen, sondern es muss zusätzlich auch die Absicht, das Handelsschiff langfristig zu betreiben, gegeben sein (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Beschluss v. 22.4.2021, IV B 16/20, Rz. 11, m.w.N.). Es handelt sich hierbei um eine zeitpunktbezogene Voraussetzung, die nur im Gewinnermittlungszeitraum des Erstjahres gegeben sein muss.

Streitfrage und Sachverhalt:

Streitig ist, ob im Streitjahr 2009 (1. Folgejahr) für das Handelsschiff A der Gewinn nach § 5a EStG ermittelt werden konnte. Der Gewinnfeststellungsbescheid für 2008 (Erstjahr) konnte im Urteilsfall wegen Ablaufs der Feststellungsfrist nicht mehr geändert werden.

Der dem Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt stellt sich verkürzt wie folgt dar:

  • Gegenstand des Unternehmens der B GmbH & Co. KG (B KG) war der Erwerb, die Übernahme und der Betrieb eines Motorfrachtschiffs mittlerer Größe.
  • Die B KG erwarb im September 2008 das zu diesem Zeitpunkt bereits im Charterbetrieb eingesetzte Motorfrachtschiff MS A (nachfolgend Handelsschiff A).
  • Am 12.12.2008 veräußerte die B KG das Handelsschiff A konzernintern, um es im Rahmen eines Publikumsfonds zur Zeichnung anzubieten und zu betreiben. Das Schiff wurde dem Erwerber am 10.9.2009 übergeben.
  • Im Mai 2009 erwarb die B KG ein zweites Handelsschiff, die MS X. Dieses Schiff übernahm sie am 15.5.2009 und setzte es seitdem im Reisecharterverkehr ein. Beide Schiffe waren im deutschen Seeschiffsregister eingetragen. Die Bereederung der Schiffe erfolgte im Inland. Die Schiffe fuhren unter ausländischer Flagge.
  • Die B KG stellte am 19.12.2008 beim FA den Antrag auf Ermittlung des Gewinns nach der Tonnage. In ihren für das Jahr 2008 und für das Jahr 2009 eingereichten Feststellungserklärungen erklärte sie jeweils einen nach § 5a EStG ermittelten Gewinn. Das FA erließ zunächst erklärungsgemäße Gewinnfeststellungsbescheide für 2008 und für 2009.

Im Anschluss an eine unter anderem für die Jahre 2008 und 2009 durchgeführte Außenprüfung, erließ das FA geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für 2008 und 2009. Das FA war – dem Betriebsprüfungsbericht folgend – zu der Auffassung gelangt, dass die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach § 5a EStG nur für das Handelsschiff MS X erfüllt gewesen seien. Für das Handelsschiff A scheide eine Gewinnermittlung nach § 5a EStG hingegen aus. Es fehle die langfristige Betriebsabsicht, da das Schiff innerhalb eines Jahres nach Übernahme durch den Steuerpflichtigen veräußert worden sei.

Klage war teilweise erfolgreich

Die hiergegen erhobene Klage war teilweise erfolgreich. Das FG hob den für das Jahr 2008 ergangenen Änderungsbescheid wegen Ablaufs der Feststellungsfrist auf. Der für das Jahr 2009 ergangene Änderungsbescheid sei hingegen rechtmäßig. Für dieses Jahr sei keine Feststellungsverjährung eingetreten. Weiter habe der Klägerin am 28.10.2008 – dem Tag der Übergabe des Handelsschiffs A – die Absicht gefehlt, dieses Schiff langfristig zu betreiben.

Entscheidung: Keine Tonnagegewinnermittlung im Streitjahr 2009 möglich

Die Richter des BFH wiesen die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. Die Gewinnermittlung nach § 5a EStG setzt in einem Jahr nach erstmaliger Tonnagegewinnermittlung (Folgejahr) voraus, dass in dem Folgejahr die in § 5a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EStG genannten Voraussetzungen (Tatbestandsmerkmale) gegeben sind und die Wahl zur Gewinnermittlung nach der Tonnage (Option) für das Erstjahr auf Grundlage eines bestehenden Wahlrechts ausgeübt wurde. Dieses Wahlrecht hat der Klägerin für das Erstjahr 2008 im Urteilsfall mangels langfristiger Betriebsabsicht jedoch nicht zugestanden.

Zeitraumbezogene Prüfung der Voraussetzungen für die Tonnagegewinnermittlung

Bei den Tatbestandsmerkmalen des § 5a EStG handelt es sich um solche, die zeitraumbezogen zu verstehen sind und in jedem Gewinnermittlungszeitraum gegeben sein müssen. Fällt eine derartige Voraussetzung in einem späteren Gewinnermittlungszeitraum (Folgejahr) weg, endet die Besteuerung nach der Tonnage (BFH, Urteil v. 16.7.2020, IV R 3/18, BStBl II 2022, 668, Rz 27). In einem Folgejahr – hier dem Streitjahr 2009 – setzt die Gewinnermittlung nach § 5a EStG daher voraus, dass in diesem Jahr die in § 5a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EStG genannten Voraussetzungen gegeben sind.

Prüfung der rechtmäßigen Wahlrechtsausübung für das „Erstjahr” auch in den Folgejahren

Nach der Rechtsprechung des BFH setzt die Gewinnermittlung nach § 5a EStG die Absicht des Steuerpflichtigen zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen voraus. Es handelt sich hierbei um eine zeitpunktbezogene Voraussetzung, die nur im Gewinnermittlungszeitraum des Erstjahres gegeben sein muss. Das FG hat im Urteilsfall aber zu Recht auch für das Streitjahr (Folgejahr) geprüft, ob die Klägerin das Handelsschiff A im Erstjahr – dem Jahr 2008 – mit der Absicht zum langfristigen Betrieb eingesetzt hat. Denn die Gewinnermittlung nach der Tonnage in einem Folgejahr setzt voraus, dass die Option zur Tonnage aufgrund eines bestehenden Wahlrechts ausgeübt wurde; nur dann tritt die in § 5a Abs. 3 Satz 7 EStG angeordnete zehnjährige Bindungswirkung ein.

Bestandskraft für das Erstjahr führt zu keinem anderen Ergebnis

Die dem bestandskräftigen Gewinnfeststellungsbescheid 2008 für das Handelsschiff A zugrunde gelegte Gewinnermittlung nach der Tonnage steht für ein Folgejahr der Prüfung, ob zum maßgeblichen Zeitpunkt im Erstjahr die erforderliche langfristige Betriebsabsicht vorgelegen hat, nicht entgegen. Denn aus dieser Bestandskraft für das Jahr 2008 ergibt sich nicht, dass auch der Gewinn des Jahres 2009 nach § 5a EStG ermittelt werden muss.

Ein im Gewinnfeststellungsbescheid für das Erstjahr rechtsfehlerhaft festgestelltes Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach der Tonnage kann materiell-rechtlich keine Bindungswirkung für Folgejahre auslösen. Der Antrag kann nur dann die in die Zukunft gerichtete zehnjährige Bindungsfrist auslösen, wenn insbesondere die langfristige Betriebsabsicht gegeben ist. Diese Absicht ist wesentliche Voraussetzung für das Eingreifen der Bindungswirkung. Denn nur bei einer langfristigen Bindung des aktiven Schifffahrtsbetriebs an den Standort Deutschland lässt sich die Anwendung dieser Subventionsnorm rechtfertigen. Die Bestandskraft einer für das Erstjahr zu Unrecht erfolgten Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen der Gewinnermittlung nach der Tonnage bewirkt allenfalls, dass die rechtsfehlerhafte Gewinnermittlung für das Erstjahr nicht mehr korrigiert werden kann.

BFH, Urteil v. 6.2.2025, IV R 7/22; veröffentlicht am 8.5.2025

Alle am 8.5.2025 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen




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